4. Zusätzliches Beispiel

Um die Berechnung der Netto-Cashflows noch einmal zu üben, betrachten wir das folgende Beispiel:
 

Die Food-Fly Company erwägt die Anschaffung einer Reihe von Drohnen für die Auslieferung von Lebensmitteln. Zur Beurteilung dieses Unterfangens hat das Unternehmen die folgenden Informationen gesammelt:

  • Die Anschaffung der Drohnen kostet heute 400'000. Die Drohnen werden dann linear über 4 Jahre abgeschrieben.
     
  • Es wird erwartet, dass das Projekt die folgenden Umsätze generiert:
    • Jahr 1: 150'000
    • Jahr 2: 300'000
    • Jahr 3: 400'000
    • Jahr 4: 500'000
       
  • Die operative Kosten (ohne Abschreibungen) belaufen sich auf 60% des Umsatzes. 
     
  • Der relevante Steuersatz ist 20%. Allfällige Verluste aus dem Projekt können mit Gewinnen aus anderen Aktivitäten von Food Fly kompensiert werden (sprich: für das Projekt sind negative Steuern möglich).
     
  • Für den Betrieb der Drohnen ist ein zusätzliches Nettoumlaufvermögen von 80'000 notwendig (Ersatzteile, etc.), welches zu Projektbeginn aufgebaut wird. Über die Laufzeit des Projektes (4 Jahre) wird dieses Nettoumlaufvermögen dann linear aufgebraucht (20'000 pro Jahr).
     
  • Am Ende des Projektes werden die Drohnen keinen Wiederverkaufswert haben.

 

Sollte das Unternehmen das Projekt lancieren, falls die Kapitalkosten 10% betragen?

  

Um diese Frage zu beantworten, können wir in einem ersten Schritt die erwarteten Netto-Cashflows des Projektes bestimmen (vgl. auch die  beiliegende Excel-Datei): 

  

  Heute Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4
Umsatz 150’000 300’000 400’000 500’000
- Operative Kosten (ohne Abschreibungen) 90’000 180’000 240’000 300’000
- Abschreibungen 100’000 100’000 100’000 100’000
EBIT   -40’000 20’000 60’000 100’000
- Steuern -8’000 4’000 12’000 20’000
Gewinn vor Zinsen nach Steuern (EBIAT)   -32’000 16’000 48’000 80’000
+ Abschreibungen 100’000 100’000 100’000 100’000
- ΔNUV 80’000 -20’000 -20’000 -20’000 -20’000
Operativer Cashflow (OCF) -80’000 88’000 136’000 168’000 200’000
- Nettoinvestitionen 400’000
Netto-Cashflow (NCF) -480’000 88’000 136’000 168’000 200’000

 

Bevor wir zur Bewertung des Projekts schreiten, sind wiederum einige Punkte wichtig zu diskutieren:

    • Negative Steuern:
      • Im ersten Jahr ist der steuerbare Gewinn negativ (-40'000). Unsere Annahme war, dass allfällige Verluste mit Gewinnen aus anderen Aktivitäten kompensiert werden können. Dank den Verlusten des Projektes im ersten Jahr, senkt sich die Steuerbelastung des Unternehmens folglich um 8'000 [=0.2 × 40'000].
      • Besitzt das Unternehmen hingegen keine anderweitigen gewinnbringende Aktivitäten, so ist die Annahme von negativen Steuern nicht sehr sinnvoll, da Verluste typischerweise nicht direkt zu einer finanziellen Kompensation durch die Steuerbehörden führen. In einer solchen Situation wäre es sinnvoller, die Steuern für das besagte Jahr auf null zu setzen und die entstandenen Verluste dann auf zukünftige Gewinne vorzutragen (verrechenbare Verlustvorträge).

Nettoumlaufvermögen (NUV)

    : Wir haben angenommen, dass heute ein Nettoumlaufvermögen von 80'000 aufgebaut wird, welches dann linear über die Laufzeit des Projektes verwendet wird:
    • Jedes Jahr löst das Unternehmen folglich ein NUV im Wert von 20'000 auf. Dies entspricht einem Cash Zufluss.
    • Mathematisch bringen wir in der Cashflow-Rechnung den Anstieg des NUV in Abzug. Während den Jahren 1 bis 4 ist dieser Anstieg negativ (-20'000 pro Jahr). Folglich ziehen wir während diesen Jahren eine negative Zahl vom Cashflow ab, was offensichtlich einer Addition entspricht. 
    • In Jahr 1 beispielsweise liegt der Gewinn vor Zinsen nach Steuern (EBIAT) bei  -32'000, die Abschreibungen betragen 100'000 und die Veränderung des NUV ist -20'000. Folglich ergibt sich ein operativer Cashflow von 88'000:
       
      OCF1 = EBIAT + Abschreibungen −ΔNUV =  32'000 + 100'000  (20'000) = 88'000. 
 
Projektbewertung

Unterstellen wir Kapitalkosten von 10%, so resultiert ein Net Present Value von -24'780:
 

\(NPV=\sum^4_{t=0} \frac{NCF_t}{(1+k)^t}\)

\(NPV=-480'000 +\frac{88'000}{1.1}+\frac{136'000}{1.1^2}+\frac{168'000}{1.1^3}+\frac{200'000}{1.1^4}=-24'780\)

 

Das Projekt ist folglich finanziell nicht attraktiv. Die zukünftig erwarteten Cashflows sind nicht in der Lage, die Kapitalkosten von 10% pro Jahr zu decken. Falls das Unternehmen das Projekt dennoch realisiert, sollte sein Wert um rund 25'000 fallen. 
 

Die Internal Rate of Return (IRR) kommt ebenfalls zum Schluss, dass es sich hier um ein schlechtes Projekt handelt. Der IRR der Cashflows ist rund 8% und damit tiefer als die Kapitalkosten von 10%.