3. Präferenzen der Investoren zusammenführen

Eine kurze Berechnung des NPV des Projekts zeigt, dass es ein gutes Projekt ist. Bei einer Investition von 20 Mio. heute und einer Auszahlung von 25 Mio. in einem Jahr bei einem Kapitalkostensatz von 10% ergibt sich ein NPV von 2.73 Mio.:

   

\( \text{NPV Projekt}= -C_0 + \frac{C_1}{1+R} = -20 + \frac{25}{1.1} = -20 + 22.73 = 2.73 \)

  

Während es leicht einzusehen ist, dass es sich um ein gutes Projekt handelt, das die Unterstützung von Aktionären mit einem langfristigen Anlagehorizont (in unserem Beispiel Trisha) finden wird, ist noch nicht ganz klar, wie und warum es Aktionären mit kurzfristigem Liquiditätsbedarf (in unserem Beispiel Onkel Fred) zugute kommt. Um dies zu sehen, erinnern wir uns an unsere Diskussion über den (Net) Present Value und daran, was dieses Konzept eigentlich bedeutet:

  • Der Present Value gibt an, wie viel die Anleger auf einem gut funktionierenden Kapitalmarkt bereit sind, heute im Gegenzug für einen künftig erwarteten Cashflow zu zahlen.
      
  • Auf einem solchen gut funktionierenden Kapitalmarkt, auf dem die Investoren zu den Kapitalkosten von 10% Kredite aufnehmen investieren können, sollten die Anleger bereit sein, bis zu 22.73 Mio. für das betreffende Projekt zu bezahlen, denn so viel Geld müssten sie heute in die alternative Anlage investieren, um denselben künftigen Cashflow von 25 Mio. in einem Jahr bei gleichem Risiko zu erhalten. 

  

Unabhängig davon, ob man aus eigenen Liquiditätsbedürfnissen nun für oder gegen das Projekt ist, sollten sich die Aktionäre darüber einig sein, dass der Unternehmenswert mit dem Projekt 22.73 Mio. beträgt, während er ohne Projekt nur bei 20 Mio. liegt. Bei 100'000 ausstehenden Aktien, wie in unserem Beispiel unterstellt, sollte der Wert einer Aktie (mit dem Projekt) daher 227.3 betragen, während er ohne Projekt nur bei 200 liegen würde.

Unsere bisherigen Überlegungen haben folglich eine ganz wichtige Alternative vernachlässigt: Investoren könnten auch Aktien kaufen bzw. verkaufen, um ihre Konsumbedürfnisse zu befriedigen. Sie benötigen dazu nicht notwendigerweise die Ausschüttungspolitik des Unternehmens! 

  • Anstatt die CEO zu drängen, Investitionen zurückzuhalten und das Geld an die Aktionäre auszuschütten, könnte Onkel Fred einfach einige oder alle seine Aktien an andere Investoren verkaufen (oder er könnte seine Aktien beleihen)!

  • Indem er sich nicht in die Investitionspolitik des Unternehmens einmischt, ist Onkel Fred insgesamt besser gestellt.

  • Die CEO kann nun die NPV-Regel befolgen und das Projekt umsetzen. Dies ermöglicht es Onkel Fred, Aktien heute zu einem Preis von 227.3 pro Aktie (siehe oben) zu verkaufen, die ohne das Projekt nur einen Wert von 200 aufweisen würden [= 20 Millionen / 100'000 Aktien].

  • Alternativ könnte Onkel Fred heute einen Lombardkredit in der Höhe von 227.3 pro Aktie zu einem Zinssatz von 10 % aufnehmen und die Aktien des Unternehmens als Sicherheiten hinterlegen. Auf diese Weise könnte er den Konsum heute maximieren. In einem Jahr könnte er dann den Erlös aus dem Investitionsprojekt von 250  pro Aktie [= 25 Millionen / 100'000 Aktien] verwenden und seine Schulden aus dem Lombardkredit zurückzahlen [227.3 × 1.1 = 250].

Die rote Linie in der folgenden Grafik fasst den neuen Trade-Off zwischen dem heutigen Konsum und dem Konsum in einem Jahr zusammen, wenn wir von gut funktionierenden Kapitalmärkten ausgehen, in denen die Aktionäre ihre Aktien handeln können:

 

NPV foundations 2

      

Diese Überlegungen sind von grundlegender Bedeutung:

  • Finanzmanager sollten sich auf das Befolgen der NPV-Regel konzentrieren. Auf diese Weise schaffen sie zusätzlichen Wohlstand für die Anleger und verschieben die Linie im obigen Diagramm nach rechts.

  • Finanzmanager sollten sich nicht zu sehr um die Konsumpräferenzen der einzelnen Investoren kümmern. Dafür sind gut funktionierende Kapitalmärkte da. Durch den Kauf oder Verkauf von Aktien können die Anleger die optimale Mischung aus aktuellem und künftigem Konsum wählen, die ihren eigenen Nutzen maximiert.

  • Manager sollten sich daher darauf konzentrieren, Projekte mit positivem NPV zu finden und umzusetzen.

  • Folglich sollten sich die Investoren auch bei unterschiedlichen Konsumpräferenzen auf eine angemessene Investitionspolitik des Unternehmens einigen können: Maximiere den NPV!